Früher war sie Buchhalterin, Unternehmerin, ein Mensch mit klarer Logik und praktischem Denken. Heute ist sie eine kreative Persönlichkeit und Gründerin der Kerzenmarke „Palae“.
Olena Nikolaieva gibt zu: Das Leben in der Schweiz war für sie nicht nur eine Prüfung, sondern auch eine Chance, endlich auf ihre innere Stimme zu hören.
„Entweder den Kopf beschäftigen oder die Hände“, erinnert sie sich lächelnd an ihr erstes Jahr nach dem Umzug. „Ich habe die Hände gewählt.“
Von der Buchhaltung zur Kreativität
Vor dem Krieg war Oljanas Leben klar strukturiert: Arbeit, Kinder, Alltagssorgen. Für Kreativität war kein Platz.
„Ich habe immer gerne gezeichnet, etwas mit den Händen geschaffen, aber es fehlte die Zeit. In der Schweiz entstand dieser Raum. Und als es mir schwerfiel, wurde mir klar: Entweder ich stürze mich in Arbeit oder ich beginne zu gestalten. So kamen die Kerzen in mein Leben.“
Alles begann zufällig – mit einer Kerze, die ihre Tochter aus der Ukraine mitgebracht hatte.
„Sie stand zwischen unseren Sachen, und plötzlich spürte ich den Wunsch, selbst eine zu machen.“
Ihre erste Kerze goss Olena in ihrer Küche – in einem alten Gefäß, das sie auf einem Flohmarkt gefunden hatte.
„Es war kurz vor Weihnachten“, lacht sie. „Alle Bekannten bekamen damals meine Kerzen als Geschenk.“

Die Geburt der Marke „Palae“
Den Namen ihres Labels wählte Olena ganz bewusst.
„Ich habe lange überlegt – es sollte etwas mit der Ukraine zu tun haben. Und das Wort palae (‘es brennt’) hat mich tief berührt. Es steht für das innere Licht, dafür, dass man in sich selbst das entzünden muss, was fehlt.“
Ihr Slogan „Entzünde dein eigenes Licht“ steht für mehr als nur eine Kerze.
Er steht für die Kraft, nicht zu erlöschen – in einer neuen Welt, in der alles fremd und unbekannt ist.
Die Wärme der Hände und der Duft der Blumen
Oljanas Kerzen sind mehr als nur Dekoration. Es sind kleine Kunstwerke, verziert mit natürlichen Blumen und Kräutern.
„Ich habe eine botanische Kollektion gemacht – sie ist mir die liebste. Jede Kerze ist wie eine Geschichte. Ich spüre, dass darin meine Seele steckt“, sagt Olena.
Ihre Werke sind zart, natürlich, duftend. Sie riechen nach Lavendel, getrockneten Blüten, nach Sommer. Und sie tragen eine Philosophie in sich – Ruhe, Inspiration, Balance.

„Ich sehe das groß“
Trotz ihrer Bescheidenheit brennt in Oljanas Augen der Glaube.
Sie verbirgt nicht, dass sie von einem eigenen Kunstraum träumt:
„Ich sehe eine Werkstatt, einen kleinen Laden, einen Ort, an dem man Workshops und Treffen veranstalten kann, wo Menschen kreativ sein können. Das wird ein Ort des Lichts.“
Olena hat bereits an Schweizer Märkten teilgenommen, baut sich langsam einen Kundenkreis auf und hat einen klaren Plan – ihr Herzensprojekt in ein Geschäft zu verwandeln.
„Ohne Kreativität geht es heute nicht“
Die Frau ist überzeugt: Jeder, der eine erzwungene Umsiedlung erlebt hat, braucht Kreativität.
„Ich weiß, wie es ist, wenn man zwischen Himmel und Erde hängt. Und ohne die Kerzen wäre es für mich sehr schwer gewesen. Sie sind meine Therapie, meine Stütze“, fügt Olena hinzu.
Ihre Familie unterstützt sie in allem – besonders ihre Tochter.
„Sie freut sich, dass ich das tue, was ich liebe. Und wenn es jemand nicht versteht – ist das nicht schlimm. Hauptsache, mir geht es gut.“
Von Stabilität zum Sinn
In der Schweiz wird Handarbeit oft als Hobby gesehen, nicht als ernsthafte Arbeit.
Doch Olena sieht das anders:
„Für mich ist es ein Weg, der Sinn hat. Wenn deine Kerzen den Menschen Ruhe und Freude bringen – dann ist das mehr als nur ein Geschäft.“
Das Licht, das Olena in sich entzündet hat, hilft heute anderen, ihr eigenes Licht zu finden.
Ihre Marke „Palae“ sind nicht einfach Kerzen – es ist die Geschichte einer Frau, die ihr Zuhause verlor, aber sich selbst fand. Und vielleicht brennen ihre Kerzen gerade deshalb mit einer besonderen Wärme – der Wärme von Dankbarkeit, Stärke und Liebe zum Leben.