Alina Pohribna ist eine Musikerin aus Charkiw, die heute in der Nähe von Zürich lebt. Sie spielt professionell Cello und Klavier, nimmt an internationalen Wettbewerben teil und besucht eine Spezialschule, in der Musik fast denselben Stellenwert hat wie die traditionellen Fächer. Ihr Weg ist eine Geschichte darüber, wie Musik nicht nur die Professionalität, sondern auch die Persönlichkeit formt.
Ein Tag, der mit einer Tonleiter beginnt
Alina ist es gewohnt, dass jeder ihrer Tage mit Musik beginnt. Wenn sie keinen Unterricht hat, setzt sie sich ab neun Uhr an ihr Instrument: Tonleitern, Etüden, dann Arbeit an Stücken oder Konzerten. Diese Disziplin hat sie noch aus Charkiw mitgebracht – heute ist sie ein fester Bestandteil ihres Lebens in der Schweiz.
„Musik ist nicht nur Kreativität. Sie ist auch Mathematik, Logik und Struktur. Man trainiert seine Muskeln, entwickelt Rhythmus und Präzision. Und wenn alles sitzt, kommt die Freiheit – dann kann man den Zuhörern Emotionen schenken“, erklärt Alina.
Von Charkiw nach Zürich
Musik begleitet Alina seit ihrer Kindheit. Ihren ersten Wettbewerb gewann sie bereits mit sieben Jahren in Krywyj Rih. Seitdem sind Wettbewerbe ein fester Teil ihres Lebens geworden. In der Ukraine, der Schweiz, in Belgien – auf verschiedenen Bühnen lernte sie nicht nur zu spielen, sondern auch, die Aufmerksamkeit des Publikums zu halten.
„Kürzlich habe ich an einem Kreativwettbewerb teilgenommen, der von der ukrainisch-schweizerischen Vereinigung Vidnova organisiert wurde. Das war eine neue Erfahrung für mich, denn dort traten nicht nur Musiker, sondern auch andere kreative Kinder aus der Ukraine an“, erzählt Alina.
In der Schweiz besuchte sie die spezialisierte „Kunst und Sport Schule“ in Stäfa, wo den Schüler:innen mehr Zeit für die Entwicklung ihrer kreativen Fähigkeiten eingeräumt wird. Dort konnte sie Schule und Proben gut miteinander verbinden – eine wichtige Unterstützung auf ihrem Weg.
Musik als Gebet
Für Alina ist Musik mehr als nur ein Beruf. Sie empfindet das Spielen als ein Gespräch mit Gott.
„Wenn ich spiele, schenke ich es Ihm. Das ist mein Gebet. Es ist die Sprache, mit der meine Seele spricht, wenn Worte fehlen. In jeder Melodie entdecke ich mich neu – meine Freude, meine Wunden, meine Träume. Wenn ich mein Instrument berühre, bleibt die Zeit stehen. Es gibt nur den Klang und das Herz, das im Einklang mit ihm schlägt. Musik heilt mich, sie schenkt mir Kraft und nimmt zugleich alles Überflüssige fort.
Für mich ist das ein Gebet, in dem ich ganz ich selbst sein kann. Es ist mein Weg zu den Menschen und zu Gott. Und egal, wie viele Wege es auf dieser Welt gibt – ich weiß: Mein Weg wird immer nach Musik klingen“, sagt sie.
Zu ihren Lieblingskomponisten gehören David Popper und der ukrainische Klassiker Borys Ljatoschynskyj. Kürzlich begann sie auch, Werke des zeitgenössischen ukrainischen Komponisten Zoltan Almashi zu studieren.
Musik und Entwicklung
Die Musik hat Alina geholfen, sich schnell in ihrer neuen Umgebung zu integrieren. Dank ihres absoluten Gehörs lernte sie die deutsche Sprache leicht und spricht heute fast ohne Akzent. „Musik entwickelt das Gehirn. Sie ist wie ein Schlüssel zu anderem Wissen“, erklärt sie.
Musik hat ihr Disziplin, Planung und systematisches Arbeiten beigebracht – und gleichzeitig ihre emotionale Seite geöffnet, sie gelehrt, sich selbst und andere zu hören. Diese Verbindung von Logik und Kreativität macht ihren Weg besonders wertvoll.
Neue Bühnen vor sich
Inzwischen hat Alina ihr Studium im Bachelor-Programm für klassische Musik an der Hochschule der Künste Bern begonnen. Ihr Traum ist es, Solistin zu werden und mit Orchestern auf großen Bühnen aufzutreten.
„Oder Lehrerin – das ist mein Plan B“, fügt sie mit einem Lächeln hinzu.
Doch das Wichtigste ist längst geschehen: Die Musik hat ihren Charakter und ihre Weltsicht geprägt. Sie ist nicht nur ein Beruf, sondern eine Lebensweise – ein Weg der Entwicklung. Und dieser Weg hat gerade erst begonnen.
🎬 Video aus dem privaten Archiv von Alina Pohribna:
https://www.youtube.com/watch?v=5p8880WFSKo&ab_channel=Cello